Leseprobe
Die Kunst als Lobpreisung Gottes
© 2008 Thomas Eich-Verlag, Werlenbach
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In den Frühzeiten der Menschheit waren die Völker der Erde noch ganz in Natur und Himmel eingebettet, in die zwei lebenspendenden, tragenden Mächte des Alls. Da die Menschen ganz im geistigen Urgrund wurzelten, konnten die materiellen und technischen Dinge sie nicht versklaven wie heute, waren sie von einer derart tiefen Naturverbundenheit und demzufolge von einer Feinhörigkeit und Feinfühligkeit, wie sie in unseren Tagen nur mehr die Kreatur besitzt.
Sie fühlten das Lebendige der Erde und des Himmels, und aus diesem Lebenszustand heraus die Weisheit und das göttliche Gesetz: – die große Harmonie des Alls.
Und so wie sie den Atem der Erde und des Himmels fühlten, so fühlten und schauten sie das Leben in den Geschöpfen von Stein, Pflanze, Tier, Mensch und Stern und sahen sowohl deren wie ihre eigene Abhängigkeit von den geistigen Kräften des Makrokosmos und des Mikrokosmos und das Wunder der All-Einheit.
Und aus diesem Lebensgefühl heraus wussten sie Den, Der all dieses Lebens Schöpfer, Baumeister, Lenker und Erhalter ist und ihr erster Ausgang und ihr letzter Eingang: – Gott!
Ihr Gotterleben war nicht (wie dies heute bei uns der Fall ist) ein übernommenes und bloß gedachtes, sondern ein lebendiges und bewusstes, demzufolge es für sie auf Erden nichts Höheres gab als die Gottheit.
Ihr ganzes Dasein war darauf gerichtet, diese Gottheit nicht zu erzürnen, nicht gegen sie zu verstoßen und mit ihr in Eintracht und Harmonie zu leben.
So sind auf Erden dortmals (wie frühe Menschenkunden berichten) jene gesegneten Zeiten gewesen, in denen Gott buchstäblich auf Erden weilte, mitten zwischen seinen Geschöpfen lebte und die Menschen im edelsten Sinn „Kinder Gottes“ waren.
Damals blühte auf Erden der „Gottesstaat“.
Von diesen Frühzeiten haben wir einen letzten, überirdischen Abglanz in dem von Liebe und Ehrfurcht getragenen einstigen Sonnenstaat Peru, in welcher Völkergemeinschaft sich Religion und Sozialismus in jener wunderbaren Einheit befanden, wie in den ersten Jahrhunderten des Urchristentums, in denen die gottdurchdrungene All-Liebe ihre Welt regierte.
In jenen Frühzeiten ist es auch gewesen, in denen die Völker der Erde ihr bewusstes Gotterleben und Lebenswissen an die Scheibe des Himmels schrieben. Denn sie entdeckten, dass der Lebensweg aller Kreatur aus 12 Stufen besteht und diese den 12 Ständen der Sonne am Himmel entsprechen. Diesem Wissen zufolge teilten sie den Himmel in die 12 Tierkreisfelder.
Darum dienten all ihre Künste, ob Architektur, Bildhauerei, Malerei, Dichtkunst oder Musik nur dem einen und einzigen Zweck: der Verherrlichung und Lobpreisung Gottes und der verschleierten Aufzeigung des geheimen, göttlichen Sinnes des Lebens. Jede Kunstform war dortmals nur eine andere Art von Gottesdienst. Alles Kunstschaffen war eine sakrale Handlung.
In jenen Frühzeiten gab es keine profane, weltliche Kunst. In diesen gottgeeinten, gottgetragenen und im vollen kosmischen Lebenswissen stehenden Frühzeiten entstanden jene gigantischen, nie mehr erreichten Kulturvermächtnisse, die bis zum heutigen Tage die höchsten Geistschätze der Menschheit sind: der Völker-Tierkreis, die indischen Upanishaden der Veden, der babylonische Gilgamensch, der persische Zend-Avesta, das Ägyptische Totenbuch und die Cheops-Pyramide, das peruanische Sonnentor, die nordische Edda und ihre geheimnisumhüllten Runen, Moses' Pentateuch und die vier Evangelientiere.
In späteren Zeiten tragen noch eine Anzahl abendländischer romanisch-gotischer Dome, das Nibelungenlied und die Gralssage das kosmosophische Urwissen in sich. Dreimal schimmerte es in der Neuzeit noch auf, wie das geheimnisvolle Licht eines fremden Sterns, das nicht mehr unserer Welt zugehört, in Dantes Göttlicher Komödie, Goethes Faust und Wagners Parsifal.
Alle diese Schöpfungen sind gewaltige, kosmische Preislieder an die Gottheit in Stein, Holz oder Schrift. Aber in allen diesen sakralen Kunstformen ist das Natur- und Lebens-Erkennen: also Gott-Wissen in einer nahezu undurchdringlichen, getarnten Symbolkunst geoffenbart. All diese erwähnten, sakralen Kunstvermächtnisse sind gleichsam Gralsschalen, die in sich das ewige Menschheits-Urwissen tragen, oder anders gesagt, das ewige Wort der Gottheit an die Menschen.
Von diesem kosmischen Geistwissen waren auch noch ein Jacob Böhme, ein Newton, Kepler und Paracelsus durchdrungen. Sie alle wissen uns eine durchseelte, durchgeistigte Natur und einen lebendigen Gott zu schenken, sie alle halten ihn in ihren Händen und geben uns noch das gewaltige Gnadengeschenk der All-Einheit alles Lebens, welcher der heilige Franz von Assisi in seinem Sonnengesang so rührend schlichten Ausdruck gab und zu der die christlichen Mönche Eckehart, Seuse und Tauler und Giordano Bruno sich so flammend bekannten.
Dies war die von hohem Gottlicht erfüllte, gnadenreiche, heilige Hochzeit der Menschheit.